Historische Fakten

Für „Die Orangerie“ habe ich viel recherchiert. Wenn euch die Fakten hinter der Fiktion interessieren, könnt ihr hier einen Auszug aus meinen Notizen lesen. Ich habe jeweils Quellen verlinkt bzw. angegeben.

Bude
Buden waren kleine Häuser in den Hinterhöfen der Gängeviertel. Getrennt durch einen Gang wurden sie in zwei Reihen an den Giebel des Vorderhauses gebaut und verfügten über einen oder zwei Räume im Erdgeschoss und einen Dachboden.
Arbeit: „Klein Moskau
wurde die Gegend genannt – Nachbarschaft und Politik im Hamburger Gängeviertel“
(Leonie Barghorn und Elisabeth Pape erzielten damit den dritten Platz auf Bundesebene im Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten)

Cholera
Cholera ist eine bakterielle Infektion, die oft durch verunreinigtes Trinkwasser übertragen wird und starken Durchfall und Erbrechen verursacht. 1892 gab es eine Epidemie in Hamburg, bei der mehr als 17000 Personen erkrankten und 8600 starben. Die Seuche konnte verheerend wüten, weil es kaum Kläranlagen gab. Besonders schlecht waren die hygienischen Bedingungen in den Gängevierteln.
Artikel: Hamburg: Seuche aus der Elbe,
„Ich vergesse, dass ich in Europa bin“

Deutschland (Schiff)
Die „Deutschland“ war ein Doppelschrauben-Schnelldampfer, der ab 1900 für die HAPAG (Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft) den Atlantik überquerte. Er war mit dem Ziel gebaut worden, die „Kaiser Wilhelm der Große“ der konkurrierenden Reederei Norddeutscher Lloyd in den Schatten zu stellen. Tatsächlich erreichte er bei seiner Jungfernfahrt am 4. Juli 1900 New York mit einer neuen Rekordgeschwindigkeit von fünf Tagen und 16 Stunden. allerdings versetzten die Maschinen das Schiff in solche Vibrationen, das man es scherzhaft den „Cocktail Shaker“ taufte.
Darum, und wegen des hohen Kohlenverbrauchs, wandelte man die Deutschland 1910 in ein Kreuzfahrtschiff mit gedrosselter Maschinenkraft um.
Artikel: Mit Volldampf in Richtung New York
Fotos: Wikimedia Commons, MaritimeQuest

Gängeviertel
Als Gängeviertel bezeichnete man in Hamburg eng bebaute Quartiere in der Alt- und Neustadt. Hinter den mittelalterlichen Fachwerkhäusern gab es ein Labyrinth aus bebauten Höfen, die nur durch schmale Gänge zu erreichen waren. Die Menschen wohnten dicht auf dicht und die hygienischen Zustände waren so schlecht, dass der Arzt Robert Koch 1892 an den Kaiser geschrieben haben soll: „Eure Hoheit, ich vergesse, dass ich in Europa bin. Ich habe noch nie solche ungesunden Wohnungen, Pesthöhlen und Brutstätten für jeden Ansteckungskeim angetroffen wie hier.“
Fotos: Bildarchiv Hamburg
Buch: (absolut empfehlenswert, meine wichtigste Quelle) Geerd Dahms, „Das Hamburger Gängeviertel – Unterwelt im Herzen der Großstadt“, Osburg Verlag, Berlin 2010

Grundstücksspekulation vor dem Abriss des Gängeviertels
*** Achtung, Spoiler! ***
1897 wurde in Hamburg das neue Rathaus eingeweiht, und 1906 sollte der neue Hauptbahnhof seinen Betrieb aufnehmen. Um beide Gebäude zu verbinden, plante man eine Straße, für die das Gängeviertel abgerissen werden musste. Obwohl die Stadtoberen versuchten, den genauen Verlauf dieser Straße möglichst lange geheim zu halten, um Grundstücksspekulationen zu verhindern, gelangten die Pläne nach draußen. Ein Bauzeichner gab sie zunächst an einen befreundeten Hotelier weiter. Dieser kopierte sie für einige Hausmakler, Geschäftsleute und einen Weinhändler. Letzterer vervielfältigt und verkaufte die wertvollen Informationen schließlich im großen Stil.
Nachdem die Presse den Skandal aufdeckte, debattierte die Bürgerschaft, und ein Untersuchungsausschuss wurde eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Quadratmeterpreise aber schon um mehr als 50 Prozent gestiegen. Der Senat gab also eine wesentlich höhere Summe für den Erwerb der Grundstücke aus, als geplant. Trotz des millionenschweren Schadens, der so für die Stadt entstand, wurde am Ende nur der Bauzeichner veruteilt. Hehler und Spekulanten durften ihre Gewinne behalten.
Buchauszug: „Levantehaus – Tradition und Moderne“ (ab Seite 12)
Ausführliche Darstellung, auch mit historischen Plänen, in Gerd Dahms Buch (s. „Gängeviertel“)

Guano
Guano ist eine phosphathaltige Substanz, die entsteht, wenn der Kot von Seevögeln auf Kalkstein trocknet. Bevor es Fritz Haber 1908 gelang, künstlich Ammoniak zu erzeugen, wurde Guano als Dünger verwendet und war eines der wichtigsten Importgüter in Europa (man konnte damit auch Sprengstoff herstellen). Abgebaut wurde Guano in Peru, Chile, Bolivien, Westafrika und auf pazifischen Inseln.
Artikel: Der Guano und seine Fundorte

Harvestehude
Im Hamburger Stadtteil Harvestehude, das lange Gartenland gewesen war, errichteten Ende des 19. Jahrhunderts viele Kaufmannsfamilien und Senatoren ihre Paläste.
Fotos: Wikimedia Commons

Nudismus
Anfang des 20. Jahrhunderts kam das Nacktbaden in Deutschland auf. Den Anhängern des Nudismus (auch Nackt- oder Freikörperkultur genannt) ging es aber häufig nicht nur darum, ohne Kleidung zu sein. Manche verfolgten politische Ziele und wollten die Gleichheit aller Menschen erreichen, andere hielten sich an einen bestimmten Ernährungsstil, wie Rohkost oder Vegetarismus, und darüber hinaus gab es verschiedene esoterische Gruppen.
Der Schweizer Naturheiler Arnold Rikli (genannt „der Sonnendoktor“), glaubte etwa, Krankheiten mit Wasser, Luft und Licht kurieren zu können.
Artikel: Geschichte der Freikörperkultur: Ein Leben lang nackt

Opium
Opium wirkt schmerzstillend, beruhigend, appetithemmend und berauschend. In den Hafenstädten Westeuropas wurde es ab Mitte des 19. Jahrhunderts in sogenannten Opiumhöhlen geraucht. Auf St. Pauli in Hamburg sollen solche noch bis in die 1930er Jahre existiert haben.
Website (englisch): Opium Museum

Pfeffersack
Als Pfeffersäcke bezeichnete man seit dem Mittelalter reiche Kaufleute der Hanse. Viele davon hatten ihr Vermögen mit Gewürzen gemacht.
Artikel: Die Pfeffersäcke erobern die Welt

Treibhaus (Gewächshaus, Orangerie)
An europäischen Höfen entstanden ab dem 16. Jahrhundert Glashäuser, in denen man Orangen- und Zitrusbäume zog (weniger um die Früchte zu essen, sondern mehr, um mit den Bäumen anzugeben). Mit der Zeit wurden auch andere exotische Pflanzen beliebt, und im 19. Jahrhundert ging der Trend zu Palmen. Zu dieser Zeit entstanden auch viele große Pflanzenschauhäuser in öffentlichen Parks und Gärten.
Artikel: Kein Land „wo die Zitronen blühen“ – zur Geschichte der Orangerien

Völkerschau
In Völkerschauen wurden Menschen fremder Völker wie Zootiere als Attraktion ausgestellt. Carl Hagenbeck machte 1875 den Anfang mit Samen und fand bald viele Nachahmer. Die Ausgestellten wurden meist nur dürftig entlohnt.
Artikel: Im Menschenpark

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